Baracken in Neustadt

Publikationen über die Lebensumstände dieser Zeit in Neustadt gibt es bisher kaum. Hartmut Dyck hat im Archiv der Region Hannover geforscht und die Ergebnisse auf seiner Internetseite www.ruebenberge.de veröffentlicht. Danach hatte Neustadt 1950 noch 45 Baracken, 6 Notbaracken und 15 Behelfsheime.

  • In den Baracken an der Feldstraße wohnten allein 243 Personen, in denen in Großmoor 105 ( LZ 13.Oktober 1950 ).
  • Das Barackenlager an der Feldstraße ( heute Hans-Böckler-Straße) war 1933 als Unterkunft für den Reichsarbeitsdienst geplant und ab 1936 kurzzeitig genutzt worden. Im Krieg waren in einem Teil des Lagers etwa 100 Kriegsgefangene untergebracht. Diese wurden der Genossenschaft „Totes Moor” für ihre Kultivierungsarbeiten im Bürgermoor zur Verfügung gestellt.
  • Auch die Barackensiedlung „Großmoor“ der Firma Dyckerhoff zwischen Neustadt und Mardorf, vor dem Ersten Weltkrieg als Unterkünfte für Saisonarbeiter gebaut und während der zwei Weltkriege als Zivilarbeitslager genutzt, wurden mit Vertriebenen belegt. Ebenso ehemalige Zivilarbeitslager der Firmen Rischbieth, Schlüter und des Lecin-Werkes an der Suttorfer Straße.
  • Sicherlich gab es noch weitere Baracken und Behelfsunterkünfte, von denen wir bisher nichts wissen.

Dabei gilt festzuhalten, dass diese Unterkünfte von vorneherein nicht für den dauerhaften Aufenthalt von Familien gebaut worden waren. Die Belegung mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg erfolgte auf niedrigstem Standard. Die Einweisung von Displaced Persons nach Kriegsende war als Ende jeder Bewohnung gedacht und durchgeführt. Insgesamt zählten die britischen Behörden im April und Mai 1945 für den Kreis Neustadt 701 Kriegsgefangene und 3465 Displaced Persons!7) Es müssen aus heutiger Sicht unvorstellbare Zustände gewesen sein. Anstelle eines Abrisses folgte der Kalte Krieg und die Belegung mit vertriebenen Familien.

Erst nach der Währungsreform 1948 setzte der Wohnungsbau langsam wieder ein. Mit einem landesweiten „Barackenräumprogramm“ wurden seit den 1950er Jahren neue Baugebiete erschlossen. Noch 1961 zählte Neustadt zu den barackenreichsten Städten Niedersachsens. In der Feldstraße standen noch sieben, in der Königsberger Straße fünf, an der Moordorfer Straße zwei Baracken mit insgesamt 128 Mietparteien, d.h. circa 500 Personen ( LZ 6.1.1961)8)
In der Geschichtswerkstatt untersucht eine Gruppe die „Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen in Neustadt und dem Neustädter Land.“ Für Suttorf liegt eine Seminarfacharbeit von Schülern der KGS aus dem Jahr 2011 vor. Zwischenergebnisse werden im Rahmen der Vortragsabende und auf der Internetseite vorgestellt . Letztlich soll die Forschung in einem Buch veröffentlicht werden. Wenn Interessierte genügend Material zur Verfügung stellen, ist darüber hinaus auch eine Ausstellung denkbar. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf!

7) aus Hubert Brieden, Menschen im Toten Moor, Neustadt 2001, S. 105; für die Kernstadt schätzt er die Zahl von 1500 und damit 30% der Bevölkerung

8) zitiert nach Hartmut Dyck, Barackenlager nach 1945